Technik-Ecke G2 vom 5. August 2005

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ADSL2+-Dienstangebote in Deutschland

Einleitung
Die letzten Monate waren durch eine „Ankündigungswelle“ für ADSL2+ (und teilweise auch VDSL2) gekennzeichnet. Uns ist aufgefallen, dass sich die Angaben zu den beworbenen Bitraten in Abhängigkeit von der Reichweite mitunter sehr stark bei den einzelnen Anbietern unterscheiden. Mit diesen aktuellen Angaben soll ein Stand zu den Praxisaktivitäten mit ADSL2+ gegeben werden.

Versatel
Als erster deutscher Netzanbieter hat Versatel zur CeBIT 2005 angekündigt, ADSL2+ in Deutschland anbieten zu wollen [G2.1]. In der Folgezeit haben weitere Anbieter nachgezogen und auch ADSL2+-basierende Dienste angekündigt. In der vorliegenden Ausgabe wollen wir die bisher uns bekannten Ankündigungen zusammenfassen.
In [G2.2] hat Versatel publiziert, dass am 30. Mai 2005 die superschnelle Internet-Ära als ADSL2+- Test in Berlin beginnen soll. Bis heute sind uns keine Informationen bekannt geworden, ob der Test erfolgreich durchgeführt werden konnte. In diesem Zusammenhang wird in [G2.3] davon berichtet, dass bei einer Entfernung von drei Kilometern vom Hauptverteiler mit ADSL2+ noch zwölf MBit/s angeboten werden können.

Deutsche Telekom
Mitte Mai 2005 gab die Deutsche Telekom bekannt, dass ab Sommer 2005 in Hannover und in zwei weiteren Großstädten ADSL2+ und VDSL-Anschlüsse getestet werden [G2.4]. Es ist anzunehmen, dass VDSL2-Anschlüsse gemeint sind.

QSC
In [G2.5] wird davon berichtet, dass QSC in Düsseldorf ein Pilotprojekt mit ADSL2+ durchführen will, wobei die Bitrate sukzessive bis zu 16 MBit/s erhöht werden soll. Der Start ist bis Mitte August 2005 vorgesehen. QSC will – der Nachfrage entsprechend – sein eigenes Netz sowohl in der Fläche als auch technologisch mit ADSL2+ ausbauen. Das bisherige Netz von QSC war MSDSL-basierend und damit auf maximal zwei MBit/s für 1 DA begrenzt. Um höhere Bitraten anbieten zu können, scheint man nun bei QSC auf AsymDSL umsteigen zu wollen. QSC hat mit dem Test von ADSL2+ in Düsseldorf Ende Mai 2005 begonnen. Dem Test gingen eine interne Testphase und die positiv verlaufene Netzverträglichkeitsprüfung mit dem Netz der Deutschen Telekom voraus. In Düsseldorf hat QSC bereits alle Hauptverteiler mit ADSL2+-Technik ausgestattet [G2.6].

debitel
Im Juni 2005 hat debitel angekündigt, gemeinsam mit QSC ADSL2+-Angebote vermarkten zu wollen [G2.7]. In [G2.8] wurde davon berichtet, dass debitel ein ADSL2+-Pilotprojekt im Raum Düsseldorf gestartet hat. Alle Teilnehmer, die sich dort für einen debitel-Anschluss entscheiden, können mit bis zu 16 MBit/s im Internet surfen. Dieses Angebot ist während der Testwochen bis zum 15. November 2005 unabhängig von der eigentlich gewählten Bitrate, für die der normale Monatsgrundpreis fällig wird.

TROPOLYS-Verbund
Die im TROPOLYS-Verbund zusammengeschlossenen Unternehmen konnten im ersten Quartal 2005 vor allen Dingen bei schnellen Internetanschlüssen auf xDSL-Basis neue Geschäfts- und Privatkunden gewinnen. Auch künftig wird das Angebot an breitbandigen Produkten im Vordergrund stehen. Eine Bandbreitenerhöhung auf bis zu 16 MBit/s mittels ADSL2+-Technologie ist ebenfalls in Planung [G2.9].

Telefónica/AOL
Im April 2005 wurde berichtet, dass Telefónica bis Mitte 2006 bis zu 40 Prozent aller deutschen Haushalte mit eigener Breitbandinfrastruktur erreichen will [G2.10]. Anfang Juni 2005 hieß es, dass der Internetprovider AOL die ADSL2+-Anschlüsse von Telefónica mit bis zu 16 MBit/s in Abwärtsrichtung vermarkten wird [G2.11]. Derzeit gehen bei Telefónica die ersten Gebiete in Bremen und München mit Line-Sharing bei der Deutschen Telekom ans Netz. Anders als bei den jetzigen Resale-Modellen stellt der Telekom-Konkurrent beim Line-Sharing auch die ADSL-Technik in der Vermittlungsstelle.

Reichweite
Wir werden aufmerksam beobachten, wie sich die ADSL2+-Diensteangebote in Deutschland entwickeln werden. Interessant wird sein, für welche Reichweiten sich die Angebote in der Praxis realisieren lassen. Bisher veröffentlichte Reichweiteangaben scheinen uns oft zu optimistisch zu sein. Nicht selten werden bei Dienstankündigungen Werte angegeben, die sich auf den Idealfall beziehen, das heißt ohne Berücksichtigung von Störbeeinflussungen.

Wir haben daher versucht, in der Fachliteratur Performancewerte für ADSL2+ zu finden, die von einigermaßen realistischen Bedingungen ausgehen. Zwei Beispiele sollen aufgeführt werden. Von Belgacom wurden in [G2.12] Performancewerte für den Fall, dass bei ADSL2+ Störbedingungen wie bei ADSL herrschen, veröffentlicht (siehe Bild G 2.1).

Bild G 2.1: ADSL2+-Performancewerte nach [G2.12] (für 0,5 mm Aderdurchmesser)

Von Alcatel wurden in [A.31.13] Simulationsergebnisse für ADSL2+ und VDSL2 für den Fall von 0,4 mm Aderdurchmesser und „fairly significant“ Übersprechen und Rauschen vorgestellt. Die Ergebnisse sind im Bild G 2.2 dargestellt [G2.13].

Bild G 2.2: ADSL2+- und VDSL2-Performancewerte

Auch wenn unter konkreten örtlichen Bedingungen die Werte etwas von den dargestellten abweichen können (sowohl besser als auch schlechter), so ist die Grenze für zwölf MBit/s (0,4 mm Aderdurchmesser) wohl bei etwa 1,5 km zu suchen. Ohne dass
impliziert darauf hingewiesen wird, werden nicht selten Angaben für den Idealfall (ohne Störer) publiziert (zum Beispiel [G2.14]) und damit Erwartungen an die ADSL2+-Performancewerte geschürt, die unter typischen Kabelbeschaltungen nicht erreichbar
sind. Der Provider Inode aus Österreich, der seit dem 20. Juli 2005 ADSL2+ anbietet, spricht davon, dass zwölf MBit/s bis zu 2,5 km Länge der Teilnehmeranschlussleitung angeboten werden können [G2.15].

 

Literatur
[G2.1] Versatel bietet Deutschlands schnellste Privatkunden-DSL-Flatrate an. http://www.versatel.de/index.phpd=710&backPID=710&pS=1109631600&pL=2674799&arc=1&tt_news=350
[G2.2] Das schnellste DSL aller Zeiten. http://www.berlinonline.de/berliner-kurier/serie_markt/80357.html
[G2.3] Internet, Telefonie und TV aus einer Hand. http://www.vdi-nachrich-ten.de/vdi_nachrichten/aktuelle_ausgabe/akt_ausg_detail.asp?source=paging&cat=2&id=22265&cp=1
[G2.4] T-Com testet VDSL für Breitbandanschlüsse. http://www.heise.de, News vom 19.05.2005
[G2.5] QSC will mit debitel zweistellige DSL-Bandbreiten anbieten. http://www.dsl-magazin.de; News vom 11.05.2005
[G2.6] QSC erprobt ADSL2+, News vom 30.05.2005; http://www.konvergenz-forum.de
[G2.7] debitel: integrierter TK-Anbieter mit erster DSL-/Mobilfunkkombi. dsl-review. Ausgabe 2005-23 vom 17.06.05, S.1
[G2.8] debitel startet ADSL2+. dsl-review. Ausgabe 2005-25 vom 01.07.05, S.2
[G2.9] TROPOLYS-Verbund steigert Umsatz und EBITDA. http://www.tropolys.de/presse.asp?dtlpresse=T&lid=14&iid=21&mid=8&uid=0&jahr=2005
[G2.10] Telefónica baut DSL-Infrastruktur in Deutschland aus. http://www.heise.de; News vom 20.04.2005
[G2.11] AOL vermarktet ADSL2+-Anschlüsse von Telefónica. http://www.heise.de, News vom 02.06.05
[G2.12] Mignom, M.: Belgacom FTTSC + VDSL deployment and its future evolution. Evolving Access Networks. IIR, Brusels, 24.02.05
[G2.13] Sharpe, R.; Zriny, D.; De Vleeschauwer, D.: Access Network Enhancements for the Delivery of Video Services. Alcatel Telecommunications Review. 2 nd Quarter 2005. 7 Seiten
[G2.14] Bonded ADSL2+. http://www.aware.com/products/dsl/bonded.htm
[G2.15] Inode bringt ADSL2+ nach Österreich. http://www.heise.de/newsticker/meldung/60799

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Dr. Andreas Bluschke

Andreas Bluschke erhielt seine Dipl.-Ing.- und Dr.-Ing.-Titel 1982 bzw. 1986 vom Leningrader Elektrotechnischen M.A. Bontsch-Brujewitsch-Institut für Fernmeldewesen (LEIS) , UdSSR. Er ist Mitbegründer der Teleconnect GmbH in Dresden und war von 1990 bis 2018 einer der Geschäftsführer der Teleconnect GmbH, wo er insbesondere für F&E-Aktivitäten verantwortlich war. Als erfahrener Projektleiter war er in den Bereichen PDH, SDH, ISDN, ATM, xDSL und optische Zugangs- und Hausnetze tätig. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher und Zeitschriftenartikel zu den Themen Leitungskodierung, xDSL, optische Kommunikation und Zugangsnetze. Nach der Akquisition des LiFi-Geschäfts des unter Beteiligung der Teleconnect GmbH gegründeten Joint Ventures Firefly Wireless Networks durch Philips Lighting (heute Signify) ist er 2019 als Systemarchitekt nach Eindhoven, Niederlande, gewechselt. Während seiner beruflichen Laufbahn hat er eine Vielzahl von Patentanmeldungen getätigt.

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