Technik-Ecke A20 vom 25. Juni 2004

By
2 Minutes Read

Entbündelte Teilnehmeranschlussleitung

Bis zur Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes gehörte das Teilnehmerzugangsnetz ausschließlich dem jeweiligen Netzbetreiber. Mit der Marktöffnung wurden als Regulierungsinstrumente die entbündelte TAL (unbundled Local loop – ULL) inklusive Bitstromzugang und Line Sharing eingeführt, um den nachhaltigen Wettbewerb zu fördern und einen graduellen Markteinstieg zu ermöglichen.

Die European Telecommunications Platform (ETP) (http://www.etp-online.org) hat sich in [A 20.2] näher mit der entbündelten TAL beschäftigt und in diesem Zusammenhang einige Begriffe behandelt. Die dort verwendeten Begriffe Local Loop Provider (LLP) und Local Loop Customer (LLC) sind jedoch eher ungebräuchlich. LLP ist der Betreiber, der die TAL dem LLC bereitstellt. Im Folgenden wird für LLP der üblichere Begriff ILEC und für LLC der Ausdruck CLEC verwendet. Der CLEC übernimmt beim Line Sharing die Rolle des Sprachanbieters. Der CLEC ist der Betreiber, der vom ILEC die TAL übernimmt. Beim Line Sharing übernimmt er die Rolle des Breitbandanbieters. Im Bild A 20.2 wird gezeigt, wie am Hauptverteiler die Einrichtungen des ILEC und CLEC zusammengeschaltet werden.

In den USA erfolgte die Liberalisierung 1996, in der EU am 31.12.2000. Laut Aussagen in [A 20.1] gibt es entsprechend der europäischen Regulierung fünf Varianten der entbündelten TAL, die im Bild A 20.1 dargestellt werden. Bei der entbündelten TAL hat der CLEC (Competitive Local Exchange Carrier) das Recht, vom ILEC (Incumbent Local Exchange Carrier) Zugang auf die TAL zu erhalten. Bei den Varianten 1 und 3 hat der ILEC die Möglichkeit, einen Sprachdienst anzubieten. Die Variante 5 ist ein Beispiel für den Bitstromzugang.

A20.1-1

Bild A 20.1: Möglichkeiten der entbündelten TAL

A20.2

Bild A 20.2: Beispiel für Einrichtung in der TVSt bei der entbündelten TAL

 

 

Der CLEC muss seine Einrichtungen an die TAL anschalten können. Dies bedeutet, dass er möglichst dicht an den Hauptverteiler herankommen muss. Seine Einrichtungen will er ebenfalls dicht an den Räumlichkeiten des ILEC unterbringen. Wenn die Unterbringung in gleichen Räumlichkeiten erfolgt, nennt man dies „Physical Collacation“ (siehe Bild A 20.3).

A20.3

Bild A 20.3: Physical Collacation

Wenn es nicht möglich ist, die Einrichtungen in gleichen Räumlichkeiten unterzubringen, dann spricht man von „Distant Collacation“. Dieser Typ der Kollakation ist im Bild A 20.4 dargestellt. Dabei befindet sich die Einrichtung der CLEC in einer anderen Räumlichkeit.

Line Sharing, auch „gemeinsamer Zugang zur TAL“ genannt, erlaubt es alternativen xDSL-Dienstanbietern, die xDSL-Datenübertragungsmöglichkeit getrennt vom Sprachkanal zu mieten (in Deutschland von der DTAG). Ohne „Line Sharing“ müssten die alternativen Anbieter ihren Kunden entweder eine zweite TAL legen, die für den xDSL-Zugang genutzt wird oder die Kunden dazu bewegen, auch den Anbieter des Telefondienstes zu wechseln. Die Entgelte für das Line Sharing werden in Deutschland durch die RegTP festgelegt.

Eine komplementäre Zugangsvariante ist der Bitstromzugang, bei dem ein Netzbetreiber eine installierte hochbitratige TAL zwischen dem Teilnehmer und dem „Point of Interconnection“ des Wettbewerbers bereitstellt [A 20.3].

Unter Bezugnahme auf Deutschland bedeutet dies, dass einem alternativen Netzbetreiber ein direkter Zugang zu einem potenziellen Endkunden unter Nutzung der aktuellen T-DSL-Infrastruktur der DTAG gegeben wird. Der Bitstromzugang beinhaltet die vollständige Endkundenbeziehung (inklusive TE). Die alternativen Netzbetreiber sollen durch den Bitstromzugang in die Lage versetzt werden, eigene differenzierte Produkte anbieten zu können. Im Rahmen des Bitstromzuganges sind mehrere Konsistenzaspekte zu berücksichtigen:

  • Konsistenz zwischen Vorleistungen,
  • Konsistenz zwischen verschiedenen Bitstromzugangsvarianten,
  • Konsistenz zwischen dem Bitstromzugang und anderen Breitbandvorleistungen (zum Beispiel T-DSL-ZISP, ISP-GATE, T-OC-DSL),
  • Konsistenz zwischen Vorleistungen und Endkundenprodukten.

 

 

Literatur
[A 20.1] Kessler, T.; Symalla, S.: Spectral management in an unbundled environment. ISSLS 2002, http://www.issls-
council.org/proc02/papers/S10A2m.pdf
[A 20.2] ETP (01)-020 – ETP Recommendations on local loop unbundling – Provisioning and O&M isues. September 2001 Issue 2, http://www.etponline.org/downloads/01_20_Recommendations_LLU_provisioning_OM.zip
[A 20.3] Workshop zum Thema „Bitstromzugang" der RegTP am 30.06.03, http://www.regtp.de/aktuelles/start/fs_03.html

Picture of Dr. Andreas Bluschke

Dr. Andreas Bluschke

Andreas Bluschke erhielt seine Dipl.-Ing.- und Dr.-Ing.-Titel 1982 bzw. 1986 vom Leningrader Elektrotechnischen M.A. Bontsch-Brujewitsch-Institut für Fernmeldewesen (LEIS) , UdSSR. Er ist Mitbegründer der Teleconnect GmbH in Dresden und war von 1990 bis 2018 einer der Geschäftsführer der Teleconnect GmbH, wo er insbesondere für F&E-Aktivitäten verantwortlich war. Als erfahrener Projektleiter war er in den Bereichen PDH, SDH, ISDN, ATM, xDSL und optische Zugangs- und Hausnetze tätig. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher und Zeitschriftenartikel zu den Themen Leitungskodierung, xDSL, optische Kommunikation und Zugangsnetze. Nach der Akquisition des LiFi-Geschäfts des unter Beteiligung der Teleconnect GmbH gegründeten Joint Ventures Firefly Wireless Networks durch Philips Lighting (heute Signify) ist er 2019 als Systemarchitekt nach Eindhoven, Niederlande, gewechselt. Während seiner beruflichen Laufbahn hat er eine Vielzahl von Patentanmeldungen getätigt.

Author