Technik-Ecke D21 vom 11. Februar 2005

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HDSL/MDSL

 

Einführung
Die bisherigen Ausgaben der Rubrik D der Technik-Ecke haben verdeutlicht, dass es eine sehr große Vielzahl an symmetrischen DSL-Lösungen gibt. In den folgenden Ausgaben der Rubrik D sollen die einzelnen symmetrischen DSL-Technologien näher vorgestellt werden. Es wird begonnen mit HDSL und MDSL, danach folgt SHDSL und schließlich ESHDSL.

Technologie
Die moderne digitale Signalverarbeitung und die Entwicklung der Mikroelektronik erlauben die Übertragung mehrerer MBit/s über einige Kilometer. Ende der 80er-Jahre ist in Nordamerika HDSL entwickelt worden, getrieben vom Wunsch, Digital Signal Level 1 (DS1) mit 1,544 MBit/s ohne Zwischenregeneratoren (ZWR) über 12 kft übertragen zu wollen. Damit war es gelungen, 784 KBit/s über eine DA in beiden Richtungen gleichzeitig zu übertragen, indem Echo-Kompensation angewendet wurde. Um die DS1-Bitrate übertragen zu können, hat man auf räumliche Trennung zurückgegriffen, das heißt zur Übertragung waren zwei DA notwendig.
Bei HDSL sind nur drei feste Bitraten möglich: 784 KBit/s, 1.168 KBit/s und 2.320 KBit/s. Die beiden letzt genannten Bitraten sind speziell für Europa vorgesehen.
Um die „Bitratenlücke“ zwischen dem ISDN-BRA mit 160 KBit/s und 784 KBit/s beziehungsweise 1.168 KBit/s zu schließen, wurden so genannte MDSL- beziehungsweise MSDSL-Systeme entwickelt. Diese Systeme verwenden die HDSL-Technik und wurden nicht genormt. Daher gibt es auch keine eindeutigen Interpretationen für das „M“. Verschiedene Deutungen lauten: Mid range, Medium bitrate, Multi-rate oder Multiline. MSDSL steht für Multi-rate Symmetric DSL.
Es soll darauf hingewiesen werden, dass fast alle heutigen SDSL-Angebote korrekterweise mit MDSL/MSDSL bezeichnet werden müssten. Bild D 21.1 zeigt den prinzipiellen Aufbau der HDSL-Systeme. HDSL-Systeme sind ein bedeutsamer Vertreter der symmetrischen DSL-Technologien.

Bild D 21.1: Prinzipieller Aufbau eines HDSL-Systems

 

Ein HDSL-System besteht mindestens aus den übertragungstechnischen Einrichtungen an den jeweiligen Enden der Übertragungsstrecke. Es wird unterschieden nach LTU (Line Termination Unit, das heißt dem Leitungsabschluss auf der Seite der Teilnehmervermittlungsstelle) und NTU (Network Termination Unit, das heißt dem Netzabschluss auf der Teilnehmerseite). Ebenso wie beim ISDN können optional ZWR zum Einsatz kommen. Die LTU und NTU werden mittels DA verbunden. Bei HDSL ist die Verwendung von bis zu drei „parallelen“ DA vorgesehen. Eine LTU und NTU besteht aus den gleichen Funktionsgruppen:

  • I – Interface: typische Schnittstellen sind beispielsweise V.35, V36, X.21 oder E1,
  • M – Mapper,
  • C – allgemeiner Schaltungsteil,
  • H – HDSL-Transceiver.

Der Abschnitt zwischen den Mappern auf der NTU und der LTU wird als HDSL-Kern bezeichnet. Durch den damaligen T1-Ausschuss (er wurde 2004 umstrukturiert und heißt nun NIPP NAI – siehe Technik-Ecke F 14) ist HDSL im Technical Report TR28 spezifiziert worden [D21.1]. Auf europäischer Ebene erfolgte die Normung durch ETSI. Die entsprechende ETSI-HDSL-Variante ist in ETR152 beziehungsweise in der Technical Specification TS 101 135 definiert und enthält neben der Ausführung mit zwei DA auch Ausführungen mit drei oder einer DA [D21.2], [D21.3]. Bei der ITU-T wurde die HDSL-Norm als G.991.1 veröffentlicht [D21.4]. Beim ehemaligen T1-Ausschuss wurde HDSL nur für zwei DA spezifiziert.
Der prinzipielle Aufbau einer HDSL-Strecke mit zwei DA nach [D21.1] ist im Bild D 21.2 dargestellt. Wie bereits erwähnt, ist bei HDSL auch der Einsatz von ZWR optional möglich.

Bild D 21.2: HDSL-Übertragungsstrecke mit zwei DA

HDSL-Strecken mit zwei und drei DA entsprechend der ETSI-Norm sind im Bild 21.3 aufgeführt.

Bild D 21.3: HDSL-Übertragungsstrecken mit zwei und drei DA nach ETSI

In [D21.1] wurde keine eindeutige Festlegung für den einzusetzenden Leitungscode getroffen. Es waren mehrere Möglichkeiten vorgesehen: 2B1Q, CAP (Carrierless Amplitude Phase Modulation) und DMT (Discrete Multitone Technology). Außerdem wurde ein 3B1O (3 Binär 1 Octal) Demonstratorsystem vorgestellt. Leitungscodes beziehungsweise Modulationsverfahren werden in der Rubrik C der Technik-Ecke behandelt. Bei ETSI wurde neben 2B1Q nur noch CAP als Leitungscode definiert [D21.2] [D21.3]. DMT-basierende HDSL-Systeme haben bis auf ganz wenige Ausnahmen keinerlei praktische Anwendung gefunden. HDSL-Systeme auf der Basis von CAP haben keine allzu große Verbreitung erreicht, was sicher auch dem Sachverhalt geschuldet ist, dass es nur einen Hersteller von CAP-Schaltkreisen gab.

Die überwältigende Mehrzahl der HDSL- und MDSL/ MSDSL-Systeme ist 2B1Q-basierend. Das Blockschaltbild für eine 3-DA-HDSL-Variante zur Übertragung eines E1-Datenstromes ist im Bild D 21.4 dargestellt (AFE – Analog Front End). Der Rahmenaufbau für die 1-DA-HDSL-Variante ist beispielhaft im Bild 21.5 aufgeführt.

Bild D 21.4: Blockschaltbild einer 3-DA-HDSL-Variante

 

Bild D 21.5: Rahmenaufbau für ETSI-HDSL (1-DA-Variante)

 

 

Literatur
[D21.1] T1 Technical Report No. 28 February 1994 – High-Bit-Rate Digital Subscriber Lines (HDSL)
[D21.2] ETSI ETR152 – Transmission and Multiplexing; High bit-rate Digital Subscriber Line (HDSL) transmission system on metallic local lines; HDSL core specification and applications for 2.048 KBit/s based access digital sections. 1996
[D21.3] ETSI TS 101135 – Transmission and Multiplexing; High bit-rate Digital Subscriber Line (HDSL) transmission systems on metallic local lines; HDSL core specification and applications for combined ISDN-BA and 2.048 KBit/s transmission. 2000
[D21.4] ITU-T G.991.1 – High bit rate digital subscriber line (HDSL) transmission system on metallic local lines. 1998

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Dr. Andreas Bluschke

Andreas Bluschke erhielt seine Dipl.-Ing.- und Dr.-Ing.-Titel 1982 bzw. 1986 vom Leningrader Elektrotechnischen M.A. Bontsch-Brujewitsch-Institut für Fernmeldewesen (LEIS) , UdSSR. Er ist Mitbegründer der Teleconnect GmbH in Dresden und war von 1990 bis 2018 einer der Geschäftsführer der Teleconnect GmbH, wo er insbesondere für F&E-Aktivitäten verantwortlich war. Als erfahrener Projektleiter war er in den Bereichen PDH, SDH, ISDN, ATM, xDSL und optische Zugangs- und Hausnetze tätig. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher und Zeitschriftenartikel zu den Themen Leitungskodierung, xDSL, optische Kommunikation und Zugangsnetze. Nach der Akquisition des LiFi-Geschäfts des unter Beteiligung der Teleconnect GmbH gegründeten Joint Ventures Firefly Wireless Networks durch Philips Lighting (heute Signify) ist er 2019 als Systemarchitekt nach Eindhoven, Niederlande, gewechselt. Während seiner beruflichen Laufbahn hat er eine Vielzahl von Patentanmeldungen getätigt.

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