Technik-Ecke D23 vom 24. März 2005

By
3 Minutes Read

HDSL/MDSL/MSDSL-Schaltkreise

Überblick
In den 90er Jahren wurden von Schaltkreisherstellern zunächst Lösungen für HDSL (also für feste Bitraten) angeboten und in einem zweiten Schritt für MDSL und MSDSL (also auch für variable Bitraten im 64-KBit/s-Raster). Anhand der Entwicklungsgeschichte kann man folgende „Generationen“ von HDSL-Schaltkreisen benennen:

• etwa 1992: Lösungen für 2 DA zur DS1-Übertragung und für 3 DA zur E1-Übertragung (784 KBit/s)
• etwa 1993: Lösungen für 2 DA zur E1-Übertragung (1.168 KBit/s)
• etwa 1994: Lösungen für 1 DA zur DS1-Übertragung (1.552 KBit/s, nicht genormt)
• etwa 1995: Lösungen für 1 DA zur E1-Übertragung (2.048 KBit/s)
• etwa 1997: Lösungen für 1 DA zur Übertragung von 2.320 KBit/s (n = 36).

Die ersten HDSL-Schaltkreise waren nur bei festen Bitraten zu betreiben (784 KBit/s oder 1168 KBit/s). Die Bitrate wurde durch die Frequenz des angeschalteten Quarzes bestimmt. Neuentwicklungen enthielten Schaltungsteile zur internen Erzeugung der notwendigen Frequenzen, um n x 64 KBit/s-Bitraten bei zunächst MDSL und später MSDSL zu übertragen. Anfänglich musste auch der Übertrager entsprechend der Bitrate ausgewählt werden, wenn man maximale Reichweiten erzielen wollte. In der Folgezeit wurden dann Übertrager angeboten, die im gesamten Bitratenbereich akzeptable Reichweiten ermöglichten. Dazu wurde zunächst eine zusätzliche Hilfswicklung (sense winding) verwendet.
Praktisch alle HDSL-Schaltkreishersteller haben in der Folgezeit auch MDSL/MSDSL-Schaltkreise angeboten. Einige Hersteller hatten beziehungsweise haben noch komplette Chipsätze im Angebot, andere Hersteller spezialisierten sich auf Analoge Front Ends (AFE).
Moderne Schaltkreislösungen sind heute dadurch gekennzeichnet, dass sie einen hohen Integrationsgrad aufweisen, eine geringe Außenbeschaltung erfordern, dass sie mit Betriebsspannungen unter fünf Volt betrieben werden, und dass sie unter anderem Möglichkeiten zur Schleifenschaltung und zur Bestimmung von Bitfehlerraten sowie der Störreserve enthalten. Kleine Gehäusebauformen sind genau so üblich wie interne Taktaufbereitungen. Aber zwischen den einzelnen Schaltkreisherstellern wird keine Interoperabilität garantiert. Dies bedeutet, dass an beiden Enden der Übertragungsstrecke eine Schaltkreislösung vom gleichen Hersteller eingesetzt werden muss. Anfänglich waren die Schaltkreislösungen nur auf einen konkreten Leitungscode zugeschnitten (2B1Q oder CAP).
Der Markt der Halbleiterhersteller für HDSL/MDSL/MSDSL-Schaltkreise ist durch sehr viel Bewegung gekennzeichnet. Neugründungen und Übernahmen waren an der Tagesordnung und es war durchaus nicht einfach, den Überblick zu behalten. Nach aktuellem Kenntnisstand sind die in der Tabelle D 23.1 aufgeführten Hersteller erwähnenswert. Die Auflistung erfolgt bewertungsfrei in alphabetischer Reihenfolge.

Halbleiterhersteller Bemerkung
Conexant
http://www.conexant.com
Übernahme von Globespan-
Virata (entstanden aus Globespan und Virata; Virata hatte zuvor Excess Bandwidth übernommen). Die Wurzel von Globespan lagen bei AT&T.
Infineon Technologies
http://www.infineon.com
früher Siemens Halbleiter
INTEL http://www.intel.com früher Level One Communications
Intersil http://www.intersil.com früher Elantec
Mindspeed
http://www.mindspeed.com
Ursprung liegt bei Brooktree, einem der HDSL- Pioniere. Zwischenzeitlich wurden die Schaltkreise unter dem Namen Rockwell vermarktet. Dann wurde Conexant gegründet und
bevor Conexant Globespan-
Virata übernommen hat, ist
MINDSPEED als Ausgliederung aus Conexant entstanden.
Metalink
http://www.metalinkdsl.com
 
STMicroelectronics
http://www.st.com
Ursprung liegt bei Tioga
Texas Instruments
http://www.ti.com
Übernahme von Burr-Brown

Tabelle D 23.1: Hersteller von HDSL/MDSL/MSDSL-Schaltkreisen

 

Neben den aufgeführten Firmen hatte sich eine Reihe weiterer Unternehmen auf dem Gebiet (ausgewählter) HDSL/MDSL/MSDSL-Schaltkreise betätigt. Es folgen einige Beispiele:

• In [D23.1] wird davon berichtet, dass die Firma Ke KommunikationsElektronik das erste HDSL- System basierend auf eigenen Transceiver-ASICs entwickelt hat.
• Das koreanische ITRI Computer and Communication Research Labs ist mit einem eigenen HDSL-Framer in Erscheinung getreten [D23.2].
• Eine ähnliche Information ist auch von der belgischen Firma Sparnex bekannt. Hier wurde eine komplette HDSL-Entwicklung ohne den Zukauf von HDSL-Schaltkreisen durchgeführt.
• Pairgain war einer der ersten Hersteller von HDSL-Chips (zum Beispiel so genannter FALCON)

Zu den in der Tabelle D 23.1 aufgeführten Herstellern sollten weiterführende Angaben gemacht werden. In der vorliegenden Ausgabe werden Conexant und Infineon erwähnt, die anderen Hersteller folgen in den nächsten Ausgaben.

Conexant
Die Entwicklung von Conexant steht im engen Zusammenhang mit Mindspeed. Mindspeed ist die „Ausgründung für symmetrische DSL-Technologien“ von Conexant. Im Herbst 2003 hat jedoch Conexant GlobespanVirata übernommen und damit ist Conexant wieder in den Besitz von HDSL/MDSL/ MSDSL-Schaltkreisen gekommen, die man eigentlich kurz vorher „ausgegründet“ hatte. Am 27. Februar 2004 wurde bekannt gegeben, dass der Merger zwischen Conexant und GlobespanVirata abgeschlossen wurde, und das entstandene Unternehmen unter dem Namen Conexant firmieren wird.
GlobespanVirata ist 2001 (wie der Name es erahnen lässt) aus den Firmen Globespan und Virata entstanden. Globespan hatte seine Wurzeln in AT&T, dem Erfinder von CAP. Anfänglich hatte Globespan ausschließlich CAP-basierende Lösungen. Erst 1998 wurde mit dem so genannten XDSL2-Chipset auch eine 2B1Q pinkompatible Lösung angekündigt (HD2-1200 mit 2B1Q beziehungsweise HD2-1300 mit CAP).
Virata war mit dem Netzwerkprozessor Helium am Markt aktiv und hat dann im Jahr 2000 durch die Übernahme der Firma Excess Bandwidth xDSL-Know-how eingekauft. Im heutigen Produktportfolio von Conexant ist mit dem ORION [D23.3] ein SHDSL-Schaltkreis verfügbar, der aber auch im 2B1Q-Mode betrieben werden kann.

Infineon Technologies
Infineon Technologies hat als ehemalig Siemens Halbleiter eine lange ISDN-Tradition. Basierend auf den Erfahrungen mit ISDN-Schaltkreisen hatte sich das Unternehmen als „Späteinsteiger“ mit symmetrischen xDSL-Technologien beschäftigt und war zunächst bei HDSL2 beziehungsweise dem späteren SHDSL eingestiegen. So war der MuBIC (Multi Bitrate Integrated Circuit) in Zusammenarbeit mit Adtran entstanden, später folgte der MuBIC2 (mit begrenzter Bitrate) [D23.4], [D23.5]. Beide Schaltkreise verfügen über einen Rückfallmode zu HDSL/MDSL/MSDSL und werden daher unter der aktuellen Rubrik erwähnt.

 

Literatur
[D23.1] Guba, W.: HDSL-Mehrpaarsysteme im technischen und wirtschaftlichen Vergleich. ntz 1995, H. 4, S.36-41]
[D23.2] Datenblatt: Support Point-to-Multipoint Applications – CCL HDSL Framer C
[D23.3] Orion: Dual Channel SHDSL Chipset for CPE. http://www.conexant.com/products/entry.jsp?id=901
[D23.4] Siemens Datenblatt B191-H7209-X-X-7600; 03/98
[D23.5] ELECTRONIC SOURCES 7-8/97 S.23

Picture of Dr. Andreas Bluschke

Dr. Andreas Bluschke

Andreas Bluschke erhielt seine Dipl.-Ing.- und Dr.-Ing.-Titel 1982 bzw. 1986 vom Leningrader Elektrotechnischen M.A. Bontsch-Brujewitsch-Institut für Fernmeldewesen (LEIS) , UdSSR. Er ist Mitbegründer der Teleconnect GmbH in Dresden und war von 1990 bis 2018 einer der Geschäftsführer der Teleconnect GmbH, wo er insbesondere für F&E-Aktivitäten verantwortlich war. Als erfahrener Projektleiter war er in den Bereichen PDH, SDH, ISDN, ATM, xDSL und optische Zugangs- und Hausnetze tätig. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher und Zeitschriftenartikel zu den Themen Leitungskodierung, xDSL, optische Kommunikation und Zugangsnetze. Nach der Akquisition des LiFi-Geschäfts des unter Beteiligung der Teleconnect GmbH gegründeten Joint Ventures Firefly Wireless Networks durch Philips Lighting (heute Signify) ist er 2019 als Systemarchitekt nach Eindhoven, Niederlande, gewechselt. Während seiner beruflichen Laufbahn hat er eine Vielzahl von Patentanmeldungen getätigt.

Author