Technik-Ecke C8 vom 25. November 2005
Leitungscodes in xDSL-Systemen
Einleitung
In den Ausgaben C 7 und C 8 wurden Leitungscodes und Modulationsverfahren aufgelistet, die in xDSL-Systemen zur Anwendung kommen. Bevor Leitungscodes, die in xDSL-Systemen eingesetzt werden, näher beleuchtet werden, sollen zunächst
einige Grundlagen betrachtet werden.
Anforderungen
Die Anforderungen an Leitungscodes werden in [C8.1] ausführlich behandelt, sie sollen daher hier nur stichpunktartig in Erinnerung gebracht werden:
- Störfestigkeit (zulässige Bitfehlerrate darf nicht überschritten werden),
- Leistungsdichtespektrum beziehungsweise spektrale Kompatibilität (schmales Leistungsdichtespektrum, welches möglichst bei niedrigen Frequenzen konzentriert ist)
- Synchronisation (Taktfrequenz muss auf der Empfangsseite rückgewinnbar sein, lange Nullfolgen müssen unterdrückt werden),
- Überwachung der Bitfehlerrate und Möglichkeit der Organisation von Zusatzkanälen,
- einfache technische Realisierbarkeit (mit dem heutigen Fortschritt bei der Schaltungstechnik hat diese Anforderung nicht mehr die Bedeutung wie noch vor einigen Jahren),
- Datentransparenz.
Non-Return-to-Zero
NRZ steht für Non-Return-to-Zero und ist die Bezeichnung für ein Signal, das nicht innerhalb eines Grundintervalls (Takt) auf Nullpotenzial zurückfällt. Ein NRZ-Signal enthält nur binär codierte Nutzdaten. NRZ-Codes sind die einfachsten Leitungscodes in
der digitalen Übertragungstechnik. Den NRZ-Codes gegenüber stehen die RZ-Codes (Return-to-Zero). Hier geht das Signal innerhalb des Grundintervalls zurück auf das Nullpotenzial. Bei RZ-Codes wird zusätzlich noch der Signalanteil am Grundintervall (Tastverhältnis) mit angegeben. Typisch ist ein Signalanteil von 50 Prozent, das heißt die Dauer des Signals und des Nullpotenzials sind jeweils gleich lang (siehe Bild C 8.1). Ein NRZ-Signal ist demnach ein Sonderfall eines RZ-Signals mit 100 Prozent Signalanteil.
Die jeweils einfachste Form sind die unipolaren Signale. Hier wird während der Signaldauer eine logische Eins durch positives Potenzial und eine logische Null durch Nullpotenzial dargestellt. Das Signal kann neben dem Nullpotenzial nur einen weiteren Zustand (unipolar) einnehmen. Dies hat bei der NRZ-Codierung zur Folge, dass bei Übertragung von mehreren logischen Einsen das physikalische Signal nicht auf Null zurückgeht (siehe Bild C 8.1). Alternativ dazu gibt es die bipolaren Signale, bei denen die logische Eins alternierend durch positives und negatives Potenzial dargestellt wird. Eine logische Null wird nach wie vor durch Nullpotenzial repräsentiert. Damit ergibt sich auch bei NRZ-Codierung ein sich ständig änderndes physikalisches Signal. Bild C 8.1 zeigt die Grundvarianten der NRZ- beziehungsweise RZ-Codierung.
Bild C 8.1: NRZ- und RZ-Codierung
Ein Vorteil der RZ-Codierung gegenüber der NRZ-Codierung ist eine relativ einfache Taktrückgewinnung, da jeder Datenwechsel einen Signalwechsel auslöst. Bei einem NRZ-Signal hingegen ist es möglich, dass lange 0- oder 1-Folgen im Signal keinen Signalwechsel auslösen, und damit die Synchronität des Empfängers erschwert wird. Zum Auslesen der Daten wird ein externer Taktgeber erforderlich, der taktsynchron arbeiten muss. Will man auf diesen verzichten, so muss man den Takt selbst mit übertragen.
Die separate Übertragung eines Taktes bei NRZ-Codierung wird in der Praxis häufig angewendet. Beispiele sind einfache Übertragungsverfahren auf der Leiterkarte, wie SPI oder I 2 C. Diese Verfahren werden unter anderem genutzt, um Konfigurationsdaten der xDSL-Modem in externen Speicher abzulegen oder einfache Konfigurationen (insbesondere bei älteren Chipsätzen) vorzunehmen.
Das NRZ-Verfahren zeichnet sich durch sehr einfache Realisierbarkeit aus. Wenn die zusätzliche Taktleitung keinen Nachteil darstellt, wird es sehr gern eingesetzt. Insbesondere gilt dies für kurze Übertragungswege, wo zusätzliche Ressourcen für die Taktversorgung leicht verfügbar sind. RZ-Codierungen haben hier den Vorteil, dass man auf zusätzliche Taktleitungen verzichten kann.
Ein weiterer Vorteil der RZ-Codierung ist die Gleichstromfreiheit des Signals. Wenn ein Signal nicht gleichstromfrei ist, entsteht bei stark unterschiedlichen 0- oder 1-Signalanteilen ein Gleichspannungsanteil auf der Leitung. Je nach Vorgeschichte des Signals wird die Pegelerkennung (Zuordnung der logischen Einsen oder Nullen) erschwert oder gar unmöglich.
Die Grundvariante der NRZ-Codierung nennt man auch NRZ-L (Non Return to Zero-Level). Darüber hinaus gibt es noch Modifikationen. Unter NRZ-M (Non Return to Zero-Mark) versteht man eine Variante, die nur bei einer logischen Eins den Signalpegel ändert. Bei einer logischen Null bleibt der Pegel unverändert. Wie bei allen NRZ-Varianten gilt auch hier, dass der Takt nicht sicher zurückgewonnen werden kann und dass der Gleichstromanteil beliebig groß werden kann.
Eine weitere Variante stellt NRZ-I (Non Return to Zero-Inverse) dar. Ähnlich wie bei NRZ-M verändert sich der Zustand beim Übertragen einer logischen „0" nicht. Ein Pegelwechsel erfolgt nur beim Übertragen einer logischen „1". Allerdings ändert sich der Pegel nicht am Anfang, sondern genau in der Mitte eines Datenwechsels (vergleiche Bild C 8.2).
Die Umkehrung der NRZ-M-Codierung wird als NRZ-S (Non Return to Zero-Space) bezeichnet. Hier ändert sich nur bei einer logischen Null der Signalpegel, bei einer logischen Eins bleibt der Pegel unverändert. Diese Variante, die beispielsweise bei Magnettonbändern eingesetzt wird, nennt man mitunter auch Non Return to Zero Inverted (NRZI) [C8.2].
Als letzte Variante soll MPSK (Modified Phase Shift Keying) erwähnt werden. Hier ändert sich der physikalische Signalpegel nur, wenn kein Pegelwechsel im zu übertragenden Datenstrom erfolgt. Trat im Datenstrom ein Wechsel auf, bleibt das MPSK- Signal unverändert. Bei dieser Variante kommt als Nachteil hinzu, dass für eine korrekte Decodierung der Ausgangswert bekannt sein muss. Alle beschriebenen Varianten der NRZ-Codierung sind in Bild 8.2 veranschaulicht worden.
Bild C 8.2: Varianten der NRZ-Codierung
Literatur
[C8.1] Bluschke, A.: Digitale Leitungs- und Aufzeichnungscodes. VDE VERLAG, 1992
[C8.2] Non Return to Zero Inverted from FOLDOC. http://foldoc.doc.ic.ac.uk/foldoc/ foldoc.cgi?Non+Return+to+Zero+Inverted