Technik-Ecke E25 vom 29. April 2005

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ADSL-Schaltkreise

Übersicht
Ähnlich wie bei HDSL/MDSL/MSDSL in der Rubrik D der Technik-Ecke sollen in den kommenden Ausgaben der Rubrik E Schaltkreislösungen für ADSL gezeigt werden. Da mit ADSL ein breiter Markt adressiert wird, gibt es – anders als bei der überschaubaren Menge der symmetrischen Lösungen – eine Vielfalt an Schaltkreisen. Deshalb erhebt die Darstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Die Wurzeln von ADSL-Schaltkreisen liegen zum Teil weit zurück. In der Ausgabe E 8 der Technik-Ecke hatten wir darauf hingewiesen, dass es erste ADSL-Prototypen bereits seit 1992 gibt. Richtig in Schwung kam die ADSL-Entwicklung aber dann gegen Ende der 90er Jahre, als durch die aufkommende Internetnutzung eine neue Applikation für ADSL erschlossen wurde. In dieser Zeit entstanden auch die ersten öffentlichen ADSL-Netze in den USA und Kanada. Wir wollen deshalb auch unsere Betrachtungen zu den ADSL-Chipsätzen in dieser Zeit beginnen. Schließlich sei noch angemerkt, dass häufig Schaltkreise für ADSL nach ITU-T G.992.1 auch ADSL.Lite nach ITU-T G.992.2 unterstützen. Schaltkreise für ADSL.Lite sollen daher in diesem Zusammenhang ebenfalls mit betrachtet werden.
Während der ADSL-Schaltkreisentwicklung hat sich der Integrationsgrad deutlich erhöht. Ende der 90er Jahre handelte es sich bei den meisten Anbietern um 3-Chip-Lösungen mit umfangreicher Außenbeschaltung. Heute sind Lösungen für die Teilnehmerseite mit nur einem Schaltkreis und integriertem Netzwerkprozessor bei minimaler Außenbeschaltung möglich. Auf der Amtsseite herrscht die Tendenz zur Integration von immer mehr Ports pro Schaltkreis vor.
Heute wird überwiegend ein kompletter ADSL- Chipsatz von Schaltkreisherstellern angeboten, früher war dies hingegen nicht zwingend so. Es gab auch Hersteller, die sich nur auf einzelne Komponenten (zum Beispiel Leitungstreiber) spezialisiert hatten. In der Anfangszeit standen sich noch zwei konträre Übertragungsverfahren gegenüber, die Carrierless Phase/Amplitude Modulation (CAP) und die Discrete Multitone Technology (DMT). Aus diesem Grund war eine fehlende Interoperabilität vorprogrammiert. Aber selbst bei Verwendung des gleichen Übertragungsverfahrens funktionierten anfangs nur Systeme von einem Hersteller mit gleichem Chipsatz. 

Grundlagen
Im Gegensatz zu den symmetrischen Verfahren wie zum Beispiel MSDSL sind bei ADSL die Chipsätze für Amts- (ADSL-LT) und Teilnehmerseite (ADSL-NT) unterschiedlich. Dies ist durch das Übertragungsverfahren und durch den asymmetrischen Datenstrom bedingt. Den prinzipiellen Aufbau eines ADSL-Übertragungssystems zeigt Bild E 25.1.

 

Bild E 25.1: Aufbau eines ADSL-Systems

Auf der TVSt-Seite ist man bestrebt, möglichst viele Ports pro Linecard zu realisieren, um die Packungsdichte zu erhöhen. Die Kundenschnittstelle des ADSL-NTs ist typischerweise Ethernet oder USB. Ist das ADSL-NT nicht nur als Modem, sondern als Gateway ausgeführt, so sind weitere Schnittstellen wie zum Beispiel WLAN möglich. Den üblichen Aufbau eines ADSL-Modems zeigt Bild E 25.2, hier noch als Lösung mit vier Schaltkreisen.

 

Bild E 25.2: Grobaufbau eines ADSL-Modems

Der DSP dient der digitalen Signalverarbeitung (Modulation/Demodulation), und das AFE ist prinzipiell ein AD- beziehungsweise DA-Umsetzer. In Senderichtung wird das Signal durch einen Leitungstreiber auf den geforderten Pegel gebracht. In Empfangsrichtung kann ein zusätzlicher Vorverstärker eingesetzt werden, der bei langen Übertragungsstrecken das gedämpfte Empfangssignal wieder verstärkt. Das Hybrid ist eine diskrete passive Filterstruktur, die der Richtungstrennung dient. Schließlich realisiert der Übertrager eine galvanische Trennung der TAL. Unternehmen, die Bezug zu ADSL haben, werden in Tabelle E 25.1 aufgelistet. Die relevanten Firmen aus dieser Tabelle werden in den nächsten Ausgaben der Technik-Ecke (Rubrik E) vorgestellt. Neben den aufgeführten Firmen spielt Aware noch eine wichtige Rolle. Aware war ein weltweiter Führer bei der Entwicklung der xDSL-Technologie. Die Technologie des Unternehmens wurde 1998 in 58 Prozent der verkauften ADSL-Chipsätze eingesetzt. Zu den Partnern gehörten beispielsweise Analog Devices, Lucent und 3COM/US Robotics.

Halbleiterhersteller Bemerkung
ADMtek heute Infineon
Agere Systems  
Alcatel-Mietec heute ST Microelectronics,
Aktivitäten laufen dort weiter
AMD Aktivitäten eingestellt
Analog Devices  
Broadcom Übernahme Element 14
Burr-Brown Zusammenschluss mit TI
Centillium Communications  
Conexant ehemals GlobespanVirata
Data Path Systems heute LSI Logic
elantec Fortsetzung durch Intersil
Element 14 heute Broadcom
Ericsson Microelectronics Übernahme durch Infineon
FUJITSU  
Globespan Vereinigung mit Virata zu Globe-spanVirata, heute Conexant
Ikanos Communication  
Infineon Technologies Übernahme von ADMtek
Integrated Telecom Express aufgelöst
Intersil ehemals Harris Semiconductor,
Übernahme von elantec
Linear Technologies  
LSI Logic Übernahme Data Path Systems
Lucent Technologies heute Agere Systems
MOTOROLA heute Freescale, keine Aktivitäten
NEC Electronics  
PairGain  
Realtek  
Smart Link  
ST Microelectronics (STM) Übernahme von Alcatel-Mietec
und Tioga Technologies
Texas Instruments (TI)  
Tioga Technologies Übernahme durch STM
Toshiba keine Aktivitäten
Trendchip  
Virata Vereinigung mit Globespan

Tabelle E 25.1: Hersteller von ADSL-Schaltkreisen

 

Marktaufteilung
Basierend auf Angaben von iSuppli sind in [E25.1] die Rangfolgen der ADSL-Schaltkreishersteller für Amtsseite (Tabelle E 25.2) und Teilnehmerseite (Tabelle E 25.3) aufgeführt.

 

Rang Schaltkreishersteller Marktanteil
2003
Marktanteil
2004
1 Texas Instruments 26 % 33 %
2 ST Microelectronics 28 % 27 %
3 Infineon 8 % 14 %
4 Conexant 0 % 12 %
5 Centillium 11 % 8 %
6 Broadcom 1 % 5 %
7 Analog Devices 1 % 1 %
8 GlobespanVirata 24 % 0 %

Tabelle E 25.2: Rangfolge der ADSL-Schaltkreishersteller für die Amtsseite

 

Rang Schaltkreishersteller Marktanteil
2003
Marktanteil
2004
1 Texas Instruments 13 % 35 %
2 Conexant 20 % 24 %
3 STMicroelectronics 15 % 13 %
4 Analog Devices 5 % 13 %
5 Broadcom 4 % 10 %
6 Centillium 11 % 5 %
7 GlobespanVirata 32 % 0 %

Tabelle E 25.3: Rangfolge der ADSL-Schaltkreishersteller für die Teilnehmerseite

(Es sei darauf hingewiesen, dass im Jahr 2004 GlobespanVirata unter Conexant geführt wurde.)

 

Literatur
[E25.1] Infineon: ADSL2+-Chipset reduziert Kosten um 30 Prozent. Markt&Technik, 22.04.05, S.28-29

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Dr. Andreas Bluschke

Andreas Bluschke erhielt seine Dipl.-Ing.- und Dr.-Ing.-Titel 1982 bzw. 1986 vom Leningrader Elektrotechnischen M.A. Bontsch-Brujewitsch-Institut für Fernmeldewesen (LEIS) , UdSSR. Er ist Mitbegründer der Teleconnect GmbH in Dresden und war von 1990 bis 2018 einer der Geschäftsführer der Teleconnect GmbH, wo er insbesondere für F&E-Aktivitäten verantwortlich war. Als erfahrener Projektleiter war er in den Bereichen PDH, SDH, ISDN, ATM, xDSL und optische Zugangs- und Hausnetze tätig. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher und Zeitschriftenartikel zu den Themen Leitungskodierung, xDSL, optische Kommunikation und Zugangsnetze. Nach der Akquisition des LiFi-Geschäfts des unter Beteiligung der Teleconnect GmbH gegründeten Joint Ventures Firefly Wireless Networks durch Philips Lighting (heute Signify) ist er 2019 als Systemarchitekt nach Eindhoven, Niederlande, gewechselt. Während seiner beruflichen Laufbahn hat er eine Vielzahl von Patentanmeldungen getätigt.

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