Single-Pair Ethernet (SPE) in der Gebäudeautomation

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Single-Pair-Ethernet (SPE) ist eine aufstrebende Netzwerktechnologie, die ein erhebliches Potenzial für Anwendungen in der Gebäudeautomatisierung bietet. Diese Innovation ermöglicht die IP-basierte Datenkommunikation und die optionale Bereitstellung von Strom über eine einzige Twisted-Pair-Kabelinfrastruktur. SPE wurde ursprünglich für die Anforderungen der Automobilindustrie und der Industrie entwickelt, um die Komplexität der Verkabelung im Vergleich zu herkömmlichen mehrpaarigen Ethernet-Systemen zu verringern und eine standardisierte Alternative zu proprietären Feldbussystemen zu bieten. Der Anwendungsbereich erweitert sich zunehmend auf den Bereich der Gebäudeautomation.

Technische Merkmale und Vorteile von SPE

SPE verwendet ein einzelnes Kupferkabelpaar für die Ethernet-Übertragung, im Gegensatz zu den zwei oder vier Paaren, die normalerweise für 100BASE-TX oder 1000BASE-T Ethernet erforderlich sind. Diese Verringerung der Anzahl der Adern bringt mehrere Vorteile für die Gebäudesysteme mit sich:

  • Geringere Material- und Installationskosten: Studien weisen auf die Möglichkeit hin, die Kosten für Verkabelung und Steckverbinder sowie die damit verbundene Arbeitszeit zu senken, in bestimmten Szenarien sogar um mehr als 50 %. Darüber hinaus könnte sich auch die Installationszeit verringern. Könnten diese Kosteneinsparungen einen erheblichen Vorteil für groß angelegte Einsätze darstellen?

  • Platzersparnis: Der geringere Durchmesser und das geringere Gewicht von einpaarigen Kabeln erleichtern die Installation in Umgebungen, in denen nur wenig Platz zur Verfügung steht, wie z. B. in Leerrohren, Aufzugsschächten und HVAC-Kanälen. Eröffnet diese verbesserte Raumeffizienz neue Installationsmöglichkeiten?

  • Vereinfachte Netzwerkarchitektur: Die SPE-Standards beinhalten Power over Data Line (PoDL), das die Übertragung von Niederspannungs-Gleichstrom gleichzeitig mit Daten über das gleiche Leitungspaar ermöglicht. Diese Fähigkeit kann die Notwendigkeit einer separaten Stromverdrahtung für Endgeräte mit geringem Stromverbrauch, wie Sensoren und Aktoren, überflüssig machen und die Abhängigkeit von Protokoll-Gateways verringern, indem sie eine direkte IP-Verbindung zum Netzwerkrand ermöglicht. Diese Vereinfachung könnte zu schlankeren Systemdesigns führen, oder?

  • Unterstützung für erweiterte Netzwerke: SPE ist mit Standard-IP-Protokollen kompatibel und kann Funktionen wie Time-Sensitive Networking (TSN) für Anwendungen unterstützen, die eine deterministische Kommunikation erfordern. Es erleichtert die Integration zwischen Geräten der Betriebstechnologie (OT) und Netzwerken der Informationstechnologie (IT).

  • Erweiterte Reichweiten: Bestimmte SPE-Standards für die Bitübertragungsschicht, z. B. 10BASE-T1L (IEEE 802.3cg), sind für Übertragungsdistanzen von bis zu 1.000 Metern bei einer Datenrate von 10 Mbit/s ausgelegt und bieten eine Alternative zu herkömmlichen Feldbussen oder Glasfasern für bestimmte Langstreckenverbindungen innerhalb von Gebäuden. Diese größere Reichweite kann den Bereich der adressierbaren Anwendungen erweitern.

 

SPE Anwendungsbereiche in der Gebäudeautomation

Die Anwendung der SPE-Technologie kann für eine Reihe von Teilsystemen der Gebäudeautomation bewertet werden:

  1. Zugangsmanagement und Überwachung: SPE mit PoDL kann die Installation von IP-Kameras, RFID-Lesegeräten und verwandten Sicherheitsperipheriegeräten vereinfachen, indem sowohl die Stromversorgung als auch die Daten auf einem einzigen Kabelpaar konsolidiert werden. Zu den wichtigsten Überlegungen gehören die Kosten für die Nachrüstung bestehender analoger Systeme und die wichtige Aufgabe, die mit IP-verbundenen Geräten verbundenen Cybersicherheitsrisiken zu verwalten. Welche Strategien sind für eine sichere Umstellung erforderlich?

  2. HVAC-Systeme: SPE bietet einen Weg, um herkömmliche analoge (z. B. 4-20mA) oder serielle Feldbusverbindungen (z. B. Modbus, BACnet) für Sensoren und Aktoren durch direkte IP-Konnektivität zu ersetzen. Dieser Übergang ermöglicht eine verbesserte Datenerfassung für Funktionen wie die vorausschauende Wartung und erleichtert zentralisierte Steuerungsstrategien. Zu den Herausforderungen gehören die nahtlose Integration in eine bereits bestehende BACnet/Modbus-Infrastruktur und die derzeitige Verfügbarkeit von SPE-spezifischen HLK-Komponenten. Fallstudien zeigen, wie RS485-basierte Altsysteme durch SPE ersetzt werden.

  3. Beleuchtungssteuerung: SPE hat das Potenzial, Beleuchtungssysteme (die möglicherweise Segmente mit DALI oder LonWorks ersetzen) in das primäre Ethernet-Netzwerk des Gebäudes zu integrieren und so eine IP-basierte Steuerung und Verwaltung zu ermöglichen. Zu den relevanten Faktoren gehören die anfänglichen Einführungskosten und die richtige Auswahl von SPE-kompatiblen Leuchten und Steuergeräten.

  4. Brandsicherheitssysteme: Die voraussichtliche große Reichweite und die inhärenten Störfestigkeitseigenschaften bestimmter SPE-Standards (wie 10BASE-T1L) machen sie technisch geeignet für den Anschluss von Brandmeldegeräten wie Rauch- und Wärmesensoren. Die Akzeptanz in diesem kritischen Sektor wird maßgeblich durch die strengen gesetzlichen Anforderungen und die verständlicherweise hohen Erwartungen an die Zuverlässigkeit bestehender Lebenssicherheitssysteme beeinflusst.

  5. Beschattung & Aufzüge: Motorisierte Jalousien und Aufzugssteuerungen können SPE potenziell nutzen, da sie von der Reduzierung des Gewichts der Verkabelung und der Gesamtgröße profitieren, insbesondere in Schächten. Bei einfachen Beschattungssystemen, die sich durch geringe Datenanforderungen auszeichnen, sind die Vorteile im Vergleich zu anderen Anwendungsbereichen jedoch weniger ausgeprägt. Aufzugssysteme basieren häufig auf etablierten proprietären Protokollen, obwohl künftige Anforderungen an eine höhere Bandbreite (z. B. Anzeigen in der Kabine und anspruchsvolle Diagnosen) die Einführung von SPE begünstigen könnten.

 

Herausforderungen bei der Umsetzung

Mehrere Faktoren werden zweifellos das Tempo beeinflussen, in dem sich SPE in der Gebäudeautomation durchsetzt:

  • Normung: Zwar gibt es internationale Normen für die physikalischen Schichten von SPE (wie IEEE 802.3cg), doch wurde eine Reihe von Steckerdesigns (z. B. IEC 63171-Varianten) vorgeschlagen. Diese Situation kann zu Interoperabilitätsproblemen und zu einer Marktfragmentierung führen, wenn sich kein dominanter, auf die Gebäudeautomatisierung zugeschnittener Standard herausbildet. Erfreulicherweise bemühen sich verschiedene Industriekonsortien in jüngster Zeit aktiv darum, genau dieses Problem anzugehen.

  • Verfügbarkeit und Kosten von Komponenten: Das breitere Ökosystem SPE-spezifischer Komponenten, einschließlich PHYs, Anschlüssen, Sensoren und Aktoren, befindet sich noch in einem relativ frühen Entwicklungsstadium. Die derzeitige begrenzte Verfügbarkeit und die potenziell höheren Anfangskosten für Unternehmen, die die Technologie frühzeitig einsetzen, können im direkten Vergleich zu etablierteren und ausgereifteren Technologien ein erhebliches Hindernis darstellen.

  • Technische Ausbildung: Installateure und Wartungspersonal benötigen eine spezielle Schulung zu den grundlegenden Prinzipien der IP-Vernetzung und zu den SPE-spezifischen Installationspraktiken, die sich deutlich von denen der herkömmlichen Niederspannungs- oder Feldbusverkabelung unterscheiden. Werden ausreichend Schulungsprogramme zur Verfügung stehen?

 

Projektionen für die Annahme

Die Marktanalyse deutet darauf hin, dass der Einsatz von SPE in der Gebäudeautomation vor allem in der Zeit nach 2026 zunehmen wird, vor allem aufgrund der steigenden Anforderungen an die IoT-Integration und der gemeinsamen Initiativen einflussreicher Industrieverbünde.

  • 2025-2026: Es wird erwartet, dass die erste Welle der Einführung vor allem bei Neubauprojekten stattfinden wird, mit besonderem Schwerpunkt auf HLK- und Zugangskontrollsystemen, wo die Standardisierungsbemühungen deutlicher vorangeschritten sind und die Vorteile von PoDL leichter zu erkennen sind.

  • 2027-2028: Anwendungen in Beleuchtungs- und möglicherweise in Brandschutzsystemen könnten sich ausweiten, da die zugrundeliegende Technologie und die zugehörigen Normen weiter ausgereift sind und möglicherweise in größerem Umfang TSN-Funktionen enthalten.

  • Ab 2029: Mit der erwarteten Entwicklung eines umfassenderen Ökosystems und einer anschließenden Senkung der Komponentenkosten werden die Nachrüstung bestehender Gebäude und eine allgemeinere Übernahme verschiedener Systeme, einschließlich Aufzügen und Beschattung, prognostiziert. Es ist plausibel, dass sich SPE zu einer Standardüberlegung während der Netzwerkdesignphase von intelligenten Gebäuden entwickeln könnte.

 

Schlussfolgerung

Single-Pair-Ethernet stellt unbestreitbar eine technisch solide und vielversprechende Option für die Weiterentwicklung von Gebäudeautomationsnetzwerken dar. Seine inhärente Fähigkeit, die Gesamtkomplexität der Verkabelung zu reduzieren, die Bereitstellung von Strom und Daten zu konsolidieren und die wichtige IP-Konnektivität bis zum Netzwerkrand zu erweitern, bietet greifbare Vorteile in Bezug auf Kosteneffizienz, Installationseffizienz und Gesamtsystemfähigkeit. Der letztendliche Erfolg und die breite Akzeptanz von SPE hängen jedoch von nachhaltigen und effektiven Standardisierungsbemühungen, dem kontinuierlichen Wachstum und der Diversifizierung des Komponenten-Ökosystems sowie der notwendigen Anpassung bestehender Industriepraktiken und der Entwicklung entsprechender Fähigkeiten ab.

 

 

Referenzen

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[2] https://img.electronicdesign.com/files/base/ebm/electronicdesign/document/2020/07/SingleEthernet.5f21e4c362c6b.pdf)

[3] https://www.fs.com/blog/single-pair-ethernet-drives-automation-systemdevelopment-16379.html

[4] https://singlepairethernet.com/en/up-to-date/news/

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[6] https://www.fs.com/au/blog/single-pair-ethernet-drives-automationsystem-development-16381.html 

[7] https://www.belden.com/blog/from-cars-to-plants-singlepair-ethernet-and-industrial-automation 

[8] https://www.metz-connect.com/home/company/newsevents/news/single-pair-ethernet-and-the-spe-industrial-partner-network.144.en.html

[9] https://www.moxa.com/en/technologies/single-pair-ethernet

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[11] https://www.weidmueller.com/int/solutions/technologies/single_pair_ethernet/index.js

[12] https://www.single-pair-ethernet.com/en 

[13] https://singlepairethernet.com/wp-content/uploads/2024/06/2024-02-28__Flyer_SPE_Building_Automation_EN.pdf 

[14] https://www.icp-deutschland.de/en/news/industrial-5-port-single-pair-ethernetswitch/

[15] https://singlepairethernet.com/en/up-to-date/news/ 

[16] https://www.bihl-wiedemann.de/dk/applikationer/communication/single-pair-ethernetand-asi-5-when-and-where-does-which-technology-make-sense

[17] https://www.realpars.com/courses/single-pair-ethernetapplications 

[18] https://www.single-pair-ethernet.com/sites/default/files/2021-02/202012spe-wp-usecasesv10en.pdf 

[19] https://www.rtautomation.com/technologies/single-pair-ethernet/

[20] https://www.single-pair-ethernet.com/en/artikel/singlepair-ethernet-use-cases 

[21] https://singlepairethernet.com/wpcontent/uploads/2022/09/SPESA_Whitepaper_Fieldcommunication_EN.pdf

[22] https://www.hilscher.com/thehilscher-blog/blog-single-pair-ethernet-market-potential-and-hilschers-approach

[23] https://www.analog.com/en/resources/technical-articles/helping-achieve-net-zero-co2-emissions-with-single-pair-ethernet.html 

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Rüdiger Klein

Rüdiger Klein ist geschäftsführender Gesellschafter der Teleconnect und ein Experte für die Entwicklung neuer Produkte mit dreißig Jahren Erfahrung im Marketing und Produktmanagement in der Telekommunikations- und Automobilelektronikbranche. Er ist ein ehemaliger Mitarbeiter von Alcatel Lucent und Panasonic. Er hat einen Abschluss als Elektroingenieur der RWTH Aachen und einen MBA der Cornell University.

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